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Spannungsfeld: Partizipative Kunst in Konfliktregionen, mit Fokus Georgien

Ein SNF-Postdoc-Projekt


Laufzeit:
1.1.2016-30.6.2017

 

Verantwortlich: Marcel Bleuler


Das Forschungsprojekt untersucht eine Schnittstelle von zeitgenössischer Kunstproduktion und internationaler Zusammenarbeit. Ausgangspunkt sind fünf sozial engagierte Kunstprojekte, die seit 2013 von internationalen Kunstschaffenden in Georgien durchgeführt wurden. Den exemplarisch gewählten Projekten ist gemeinsam, dass sie mit Bevölkerungsgruppen zusammenarbeiten, die von den Auswirkungen der Sezessionskriege Abchasiens und Südossetiens betroffen sind und in Grenzregionen oder als „Internally Displaced People" in meist notdürftigen Umständen leben. Die Projekte in Georgien lassen sich in Verbindung zu einer derzeit global betriebenen Praxis stellen, die das Ziel verfolgt, mit künstlerischen Initiativen Prozesse der sozialen Transformation und Friedensbildung in Konfliktregionen zu unterstützen.

 

Das durch den Schweizerischen Nationalfonds geförderte Forschungsprojekt versteht sich als kunstwissenschaftlicher Beitrag zur Diskussion des bisher wenig bearbeiteten und kontrovers diskutierten Praxisfeldes. Es basiert auf der mehrjährigen Zusammenarbeit von Marcel Bleuler mit artasfoundation, einer Schweizer Stiftung für Kunst in Konfliktregionen.



Aus einer praxisorientierten Perspektive setzt sich Marcel Bleuler mit dem Spannungsfeld auseinander, das sich zwischen dem Framing der Internationalen Zusammenarbeit und den Paradigmen des kunstwissenschaftlichen Diskurses ergibt. Anfangs des 21. Jahrhunderts hat sich - sensibilisiert durch die post-koloniale Kritik und die mit der diskursprägenden Theorie einer „radical democracy" (Laclau, Mouffe) verbundenen Forderung nach Reziprozität und Antagonismus - in der Kunstwissenschaft ein „ethical turn" (Bishop) durchgesetzt. Nach dessen Logik wirkt die Zusammenarbeit von internationalen Kunstschaffenden in fragilen Kontexten in ihrer Grundanlage problematisch, da hier ein deutliches Gefälle zu lokal Ansässigen besteht. Kunstschaffende, die in einer solchen Anlage arbeiten, geraten unter den Verdacht, global marginalisierte Milieus für ihre eigenen Zwecke zu instrumentalisieren und sie unter dem Deckmantel von „good intentions" (Hoogardt) auszubeuten. Diese Kritik ist zentral, jedoch verhindert der Rückzug auf den ethischen Vorbehalt die konkrete Auseinandersetzung, sodass auch der Anhaltspunkt für die Formulierung eines kunstwissenschaftlichen Diskussionsrahmens bislang fehlte. Diesem übergeordneten Ziel widmet sich das Projekt, indem es jenseits einer grundsätzlichen Befürwortung oder Ablehnung die künstlerischen Strategien, mit denen Kunstschaffende in Konfliktregionen arbeiten, differenziert und ihre Interessen kritisch aufarbeitet.

 

Bei Feldforschungs-Aufenthalten in Georgien, Armenien und Burkina Faso wurden bisher drei detaillierte Fallstudien erarbeitet. Dabei hat sich erwiesen, dass die künstlerischen Strategien von sozialtherapeutisch-pädagogischen Ansätzen, die in Entwicklungskontexten von Disziplinen wie der Expressive Arts Therapy und der Theaterpädagogik (resp. des Applied Theatres) angewendet werden, zu differenzieren sind. Diese Disziplinen beziehen sich auf einen Kunstbegriff, der auf einer ausgeprägten Wirkungslogik basiert. Kunst wird dabei als ein Instrument verstanden, mit dessen Einsatz Ziele angeregt und erreicht werden können, die ausserhalb der Kunst liegen (etwa Gesundheits-Aufklärung oder Traumabewältigung). Dieser Zugang zu Kunst wird von Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit, die ihre Arbeit auf bedürfnis- und resultatorientierte Impacts ausrichten, gestützt. Im Feld der (westlichen) zeitgenössischen Kunst und Kunstwissenschaft hingegen wird er grundsätzlich problematisiert. Anstelle der Idee von Kunst als ein Instrument hat sich in Bezug auf die untersuchten Projekte die Auffassung von Kunst als ein Raum für Begegnung und ästhetische Produktion als adäquat erwiesen.

 

Diese Erkenntnis ist Anhaltspunkt für die geplante Weiterführung des Forschungsprojektes, die unter dem Titel „Internationale Zusammenarbeit in der zeitgenössischen Kunst" ab 2018 stattfinden soll.